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Erhöhter Gehalt an Carnosin führt zu verbesserter Kampfleistung bei Soldaten

Carnosin Forschungkompakt Militär

Hintergrund

Carnosin ist vieles. Ein richtiger Alleskönner und Allrounder. Carnosin ist auch etwas anderes, nämlich wenig bekannt. Fast schon ein Fremdling unter den Molekülen. Zeit dies zu ändern! Während es durch seine gesundheitsfördernden Effekte unter den Nahrungsergänzungsmittel hervorsticht, glänzt Carnosin ebenso als leistungssteigernde Substanz in der Sportszene. Das und noch einiges mehr. Uns überzeugt es gleichermaßen als Longevity-Produkt durch seine vielfältigen Effekte. Aufgrund seiner antioxidativen, schützenden, chelatbildenden und antiglykierenden Aktivität kann Carnosin als Supplement zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten verwendet werden. Kurz und knackig auf den Punkt gebracht: Es ist kaum verwunderlich, dass sich Carnosin durch seine zahlreichen, breit wirksamen Effekte eine prominente Stellung in der Nahrungsergänzungsszene gesichert hat.

Zielsetzung – Carnosin, unser Actionheld

In diesem kurzen Artikel möchten wir uns besonders auf die leistungssteigernde Wirkung und Verbesserung der kognitiven Funktion von Nahrungssupplementen fokussieren. Das Molekül Carnosin ist die einfachste Form eines Dipeptids – also die Verbindung von zwei Aminosäuren – bestehend aus Alanin und Histidin. Diese Eiweiße sind Bestandteil unser normalen Ernährung und stammen vor allem aus tierischen Produkten. Carnosin wird im Körper sowohl in diese beiden Aminosäuren zerlegt, als auch aus beiden wieder zusammengefügt. Da in unseren Muskelzellen genug Histidin vorhanden ist, gilt das seltener vorkommende β-Alanin als das limitierende Molekül bei der Carnosin-Herstellung. Es gibt daher zwei wissenschaftlich bestätigte Möglichkeiten den Carnosin-Spiegel in unserem Körper zu erhöhen: Einerseits die Supplementierung von β-Alanin und andererseits die direkte Einnahme von Carnosin.

Hoffmann und KollegInnen haben sich in ihrer Studie auf ersteres konzentriert und ein spannendes Forschungsprojekt aufgestellt, welches einem Actionfilm aus Hollywood gleicht. Diesen molekularen Blockbuster wollen wir uns nun genauer anschauen.

Methodik

Ein Schauspieler-Casting fand nicht statt. Dafür gab es einen viel besseren Ersatz, denn niemand musste einen Actionheld schauspielern. Achtzehn männliche Soldaten einer Elitekampfeinheit der israelischen Streitkräfte (Israel Defense Force, IDF) meldeten sich freiwillig zur Teilnahme an dieser Studie. Die Teilnehmer wurden zufällig beziehungsweise randomisiert, wie der Fachexperte dazu sagt, einer von zwei Gruppen zugeteilt: Die erste Gruppe der Doppelblindstudie konsumierte 6 g β-Alanin pro Tag, während die zweite Gruppe dieselbe Menge Placebo (Reismehl) zu sich nahm. Unter doppelblind versteht man, dass weder die Teilnehmenden noch die behandelnden Mediziner wissen, wer welche Substanz erhält. Während des 30-tägigen Studienzeitraums nahmen alle Teilnehmer an den gleichen militärischen Fortbildungsaufgaben teil, die die Entwicklung von Kampffertigkeiten, körperlicher Arbeit unter Druck, Navigationstraining, Selbstverteidigung beziehungsweise Nahkampf und Konditionierung umfassten.

Versuche

Zu den militärisch relevanten Aufgaben zählten ein 2,5-km-Lauf und ein 1-minütiger Sprint, welche eine schnelle Annäherung an das Schlachtfeld simulieren sollten. 50-m-Unfalltragen einer 60 kg schweren Puppe ahmte die Rettung eines verwundeten Soldaten im Kampfeinsatz nach. Darüber hinaus absolvierten die Teilnehmer wiederholt 30-m-Sprints und Zielschießen in Vollausrüstung, um sich auf eine Kampfsituation in urbanen Gebieten vorzubereiten, wo wiederholtes Anstürmen zwischen Deckungspunkten häufig notwendig ist. Unmittelbar nach den körperlichen Übungen führten die Teilnehmer einen seriellen Subtraktionstest durch, um die kognitive Funktion unter mentaler Belastung beurteilen zu können. Die Aufgabe bestand aus einem zweiminütigen schriftlichen Test, bei dem die Teilnehmer die Zahl 7 wiederholt von einer zufällig generierten vierstelligen Zahl abziehen mussten. Dem nicht genug, fand die kognitive Überprüfung unter Stressbedingungen direkt am Schießstand während Dauerbeschuss statt. Ebenso wurde eine Magnetresonanzspektroskopie durchgeführt. Das ist ein bildgebendes Verfahren, mit dem biochemische Beobachtungen ortsaufgelöst in einem Volumenelement gemacht werden können.

Ergebnisse

Es zeigte sich eine signifikante Erhöhung des Carnosin-Gehalts in der Muskulatur bei der Untersuchungsgruppe im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Diese Veränderungen des Carnosin-Gehalts in den Wadenmuskeln korrelierten mit einer Veränderung der Ermüdungsrate. Das heißt, Soldaten mit einem höheren Carnosin-Gehalt konnten im Lauftraining länger durchhalten. Die erreichten Punkte und geschafften Zeiten der Teilnehmer während der körperlichen und kognitiven Tests wurden notiert und miteinander verglichen. Nach der Supplementierung wurden keine Unterschiede zwischen den Studiengruppen beim 2,5-km-Lauf, 1-Minuten-Sprint, wiederholten Sprint oder der Treffsicherheit festgestellt. Trotzdem zeigten Teilnehmer mit höherem Carnosin-Spiegel eine Verbesserung ihrer Zeit für das 50-m-Unfalltragen und steigerten ihre Leistung in der kognitiven Prüfung im Vergleich zur Kontrollgruppe.

Diskussion und Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine 30-tägige Einnahme von β-Alanin den Gehalt an Muskelcarnosin erhöhen kann. Dieser erhöhte Carnosin-Spiegel konnte Aspekte der militärspezifischen Leistung verbessern. Darüber hinaus senkte das hohe Carnosin-Level in der Wadenmuskulatur der Soldaten die Ermüdungsrate während längerer Sprintaktivität. Außerdem war die kognitive Leistung der Studienteilnehmer in der Versuchsgruppe signifikant höher. Allerdings fand sich keine Veränderung des Carnosinspiegels im Gehirn, sodass der genaue Mechanismus, der dem kognitiven Effekt zugrunde liegt, noch unklar bleibt.

Die Studie zeigte, dass Nahrungssupplementierung und Steigerung des Carnosin-Gehalts demnach eine beliebte Methode darstellen, um Aspekte der körperlichen Leistungsfähigkeit zu fördern. Diese Erkenntnisse werden durch aktuelle Studien laufend bestätigt und stets erweitert.

Die Studie erschien online im Dezember 2015 im wissenschaftlichen Journal Amino Acids.

Referenzen

Hoffman, J. R., Landau, G., Stout, J. R., Hoffman, M. W., Shavit, N., Rosen, P., Moran, D. S., Fukuda, D. H., Shelef, I., Carmom, E., & Ostfeld, I. (2015). β-Alanine ingestion increases muscle carnosine content and combat specific performance in soldiers. Amino acids47(3), 627–636. https://doi.org/10.1007/s00726-014-1896-7

Grafiken

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