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Die 8 Hallmarks of Health – eine Übersicht

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Selten war das Thema Gesundheit so präsent wie in den letzten 2 Jahren. Durch die Pandemie haben wir uns daran gewöhnt, unseren Gesundheitszustand stets kritisch zu hinterfragen. Ist das Kratzen im Hals nur der kalten Winterluft geschuldet oder einer Infektion? Wie können wir einschätzen, ob wir gesund sind? Und was bedeutet Gesundheit überhaupt?

Generell wird Gesundheit als die Abwesenheit von Krankheit betrachtet. Gesund ist also, wer nicht krank ist. Aber kann man den Gesundheitszustand auch messen oder definieren? Welche Eigenschaften muss ein Körper haben, um als gesund zu gelten? Mit dieser Frage beschäftigen sich die Wissenschaftler Carlos López-Otin und Guido Kroemer. Um dem Thema Gesundheit und dessen Merkmalen auf die Spur zu kommen, analysierten sie mehr als 200 wissenschaftliche Veröffentlichungen.

Um eine Krankheit eindeutig zu diagnostizieren, werden Symptome oder andere Marker untersucht, welche ursächlich für die Krankheit sind. Die Wissenschaftler versuchen nach einem ähnlichen Prinzip Merkmale zu definieren, die sozusagen Gesundheit diagnostizieren (Hallmarks of Health). Vergleichbar mit Krankheitsursachen und Symptomen sollten diese Gesundheitsmerkmale – sog. Hallmarks – nicht nur Zeichen von Gesundheit sein, sondern auch die Ursache für gesunde Körperfunktionen darstellen.

Welche Kriterien soll ein „Gesundheitsmerkmal“ erfüllen?

Ein hallmark of health soll in erster Linie direkt für gesunde Körperfunktionen stehen. Des Weiteren folgt aus einer Störung oder Dysfunktion des hallmarks ein Krankheitszustand – sowohl im menschlichen Körper als auch unter experimentellen Bedingungen im Labor. Wird die Funktion des hallmarks wieder hergestellt, soll dies zur Verbesserung des Gesundheitszustandes führen. Ein vereinfachtes Beispiel ist unsere Darmflora: Sie leistet einen großen Beitrag zu einer gesunden Verdauung. Kommt es allerdings zu einer Störung oder Veränderung der Darmflora, kann dies zu Verdauungsproblemen und Schmerzen führen. Werden sie wieder in einen Normalzustand gebracht, beruhigt sich die Verdauung und die Darmflora kann als gesund bezeichnet werden.

Nach diesen Eigenschaften wurden 8 Kennzeichen für Gesundheit (Hallmarks of Health) definiert. Diese werden hier kurz erklärt und in weiteren Artikeln genauer ausgeführt.

1. Intakte Barrieren

Der Körper unterteilt viele verschiedene „Räume“ – sogenannte Kompartimente – mit eigenen Funktionen, dazu zählt z.B. der Darm. Diese Kompartimente sind voneinander abgetrennt, damit in allen Bereichen die jeweiligen Prozesse optimal funktionieren und sich nicht gegenseitig beeinflussen und stören. Beim sogenannten leaky gut syndrom (Syndrom des durchlässigen Darms) gelangen Stoffe aus dem Dünndarm, die eigentlich ausgeschieden werden sollten, in den Blutkreislauf. Dort muss das Immunsystem die schädlichen Stoffe bekämpfen, was zu Müdigkeit, Abgeschlagenheit und einer verminderten Gesamtimmunität führt.

Auch unsere Haut bildet eine Barriere, die uns vor äußeren Einflüssen schützt. Neben diesen makroskopischen Beispielen finden sich noch viele weitere Kompartimente, die voneinander abgetrennt sind. Sei es die Trennung von Zelle zu Zelle durch Zellmembranen, die Abtrennungen einzelner Organellen innerhalb der Zelle oder der Schutz unseres Erbmaterials im Zellkern durch die Zellkernmembran. Auf allen Ebenen tragen intakte Barrieren zu einer gesunden Funktionalität unseres Körpers bei.

2. Störungen eindämmen

Betrachten wir den Körper als große Maschinerie, die aus vielen Einzelprozessen besteht. Durch die vielen Einzelprozesse können sich manchmal Fehler einschleichen, welche weitergetragen werden und auf größerer Ebene zu größeren Fehlern führen können – ähnlich dem Stille Post Spiel. Um diese Fehler auf größerer Ebene zu verhindern, bedarf es Zwischenstufen auf allen Ebenen, welche die Prozesse immer wieder überprüfen. Wird ein Fehler entdeckt, kann dieser frühzeitig entfernt und so die Ausbreitung auf das ganze System verhindert werden – im Optimalfall.

3. Recycling und Umsatz

Obwohl einige Mechanismen im Körper frühzeitig Fehler und Störungen erkennen und entfernen, schleichen sich doch immer wieder Fehler ein, beispielsweise falsch zusammengebaute Proteine. Um die Fehlerzahl möglichst gering zu halten, findet im Körper ein konstantes Recycling fast aller Bestandteile und Zellen statt. Moleküle werden abgebaut, in ihre Einzelbestandteile zerlegt und wieder neu aufgebaut. So erneuert sich beispielsweise unsere Haut in regelmäßigen Abständen, um uns fortwährend einen guten Schutz vor Umwelteinflüssen zu bieten.

4. Integration von Schaltkreisen

Damit unser Organismus mit all seinen einzelnen Untereinheiten funktioniert, werden Prozesse durch Schaltkreise gesteuert. Es gibt große Schaltkreise, zum Beispiel die Rückmeldung vom Magen an das Gehirn, dass er gefüllt und wir somit satt sind. Aber auch kleinere Schaltkreise zwischen einzelnen Zellen oder innerhalb der Zellen regeln unterschiedliche Vorgänge, wie zum Beispiel die Produktion von Molekülen. Das Ende eines Produktionsprozesses vermittelt dem Anfang der Kette, dass keine neuen Zellbauteile mehr benötigt werden und die Produktion gestoppt werden kann – man nennt das auch Feedback-Schleife. Im einfachsten Fall hemmt das Endprodukt eines solchen Prozesses das Enzym, das den ersten Arbeitsschritt übernimmt. Die vielen verschiedenen Schaltkreise kommunizieren mittels Hormonen, Wachstumsfaktoren, Antikörpern und elektrischen Signalen.

5. Rhythmische Oszillationen

Als Oszillationen werden regelmäßige Schwingungen bezeichnet. Der Körper funktioniert und wechselt unterschiedliche Prozesse auf Basis verschiedener rhythmischer Oszillationen. Dabei werden kürzere (ultradiane), circadiane (circa einen Tag lang) und längere (infradiane) Rhythmen unterschieden. Ultradiane Rhythmen dauern unter 24 Stunden, dazu gehört beispielsweise der Herzschlag. Zu den circadinanen Rhythmen zählt beispielsweise die Zellteilung und der Schlafrhythmus. Längere Oszillationen wie die Menstruation werden als infradiane Rhythmen bezeichnet. Kommen diese Oszillationen aus dem Gleichgewicht, kann es zu schweren gesundheitlichen Folgen kommen – beispielsweise Schlafstörungen oder Herzrhythmusstörungen.

6. Homöostatische Belastbarkeit

Homöostase bezeichnet das Gleichgewicht physiologischer Funktionen. Dazu zählen unter anderem der Blutdruck, der pH-Wert oder die Körpertemperatur. Kurzzeitige Änderungen kommen vor und können auch nützlich sein (z.B. Fieber). Ist das homöostatische Gleichgewicht allerdings auf Dauer nicht konstant, führt dies zu chronischen Krankheiten. Eine Belastbarkeit bzw. Resilienz der Homöostase spricht also für einen gesunden belastbaren Körper.

7. Hormetische Regulation

Hormesis bedeutet ursprünglich, dass geringe Dosen eines Giftes den Körper vor der Gefahr von höheren Dosen desselben Giftes schützen. Der Körper gewöhnt und passt sich gut an Zustände wie regelmäßigen Ausdauersport, Intervallfasten oder Änderungen des Luftdrucks in hohen Gebieten an. Wenn Sie beispielsweise einen Urlaub in tropischen Gebieten oder hohen Höhen planen, empfiehlt jeder Reiseblog, ein paar Tage zur Akklimatisation einzuplanen, um sich an die Temperaturen oder den Luftdruck zu gewöhnen. Diese Anpassungsmechanismen sind essentiell und ohne sie oder bei fehlender Regulation führt dies zu eingeschränkten körperlichen Funktionen und somit zu Krankheit.

8. Reparatur und Regeneration

Ständige äußere und innere Einflüsse fügen dem Körper und dessen Bestandteilen Schaden zu. Wer zum Beispiel zu lange oder ohne ausreichenden Schutz in der Sonne war, bekommt einen Sonnenbrand. Dieser entsteht, weil die Haut der schädlichen UV-Strahlung ausgesetzt ist. Bei einem starken Sonnenbrand „schält“ sich anschließend die Haut und neue Schichten kommen nach. Nach dem gleichen Prinzip werden geschädigte Teile des Körpers erneuert. Deshalb ist die Reparatur entstandener Schäden sowie die Regeneration unabdingbar für die fehlerfreie und somit gesunde Funktion des Körpers.

Diese acht Kennzeichen der Gesundheit (hallmarks of health) stehen für viele einzelne komplexe Moleküle, Prozesse, Schaltkreise und Regulationsmechanismen. In der folgenden Serie nehmen wir die einzelnen hallmarks genauer unter die Lupe, um gemeinsam die komplexen Prozesse des Körpers und somit unserer Gesundheit zu verstehen.

Literatur:

López-Otín, Carlos, and Guido Kroemer. „Hallmarks of health.“ Cell 184.1 (2021): 33-63. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33340459/

Bilder:

Die Bilder wurden unter der Lizenz von Shutterstock bzw. Canva erworben und dementsprechend gekennzeichnet.

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