Betain, auch Trimethylglycin (TMG) genannt, ist ein natürlich vorkommendes Molekül, welches man zum Beispiel in Spinat, roter Beete oder Quinoa findet. Auch dein eigener Körper ist in der Lage TMG herzustellen.
In den letzten Jahren wurden die potenziellen Gesundheitsvorteile und leistungssteigernde Wirkung von Betain als Nahrungsergänzungsmittel erforscht. Erfahre hier mehr darüber, wie sich Betain als Methylgruppenspender positiv auf deine Longevity auswirken kann, warum es für Sportler förderlich ist mit TMG zu supplementieren und was der Unterschied zwischen Betain und Betain HCL ist.
Was ist Betain / Trimethylglycin (TMG)?
Betain ist ein Abkömmling der Aminosäure Glycin mit vitamin-ähnlichen Wirkungen und Eigenschaften. Seinen Namen verdankt Betain allerdings der Roten Rübe oder Beete, die ebenso einen Anteil der Substanz enthält. Eine andere Bezeichnung für Betain ist Trimethylglycin (TMG).
Dies verrät uns auch, dass Betain drei (tri-) Methylgruppen enthält. Eine Methylgruppe ist die einfachste organische Anordnung von einem Kohlenstoff- und drei Wasserstoffatomen in der Chemie. Diese Verbindung stellt jedoch keine eigenständige Substanz dar, sondern bildet lediglich einen Teil eines größeren Moleküls, in unserem Fall eben von Betain.
Die wichtigsten molekularen Mechanismen sind seine Funktion als Methylgruppen-Donator und Osmolyt. Doch was bedeutet das überhaupt?
Gesundheitsfördernde Wirkung von Betain (TMG) – Was ist ein Methylgruppendonator?
Um die komplexe Biochemie hinter TMG besser zu verstehen, stellen wir uns die Methylgruppe wie eine Mütze vor. Diese Mütze kann mit Hilfe eines Prozesses, der als „Methylierung“ bezeichnet wird, weitergegeben werden. Ein neues Molekül „setzt“ nun diese Mütze auf und wird dadurch in seinen biochemischen Eigenschaften verändert. Das äußert sich in einer veränderten Aktivität bis hin zu einer komplett anderen Funktion des neuen Mützenträgers. Dieser Schritt bildet somit einen entscheidenden Teil vieler physiologischer Abläufe im menschlichen Körper.
Da Betain über mehrere solcher „Mützen“ verfügt und diese auch anderen Molekülen aufsetzen kann, wird Betain eben als Spender bzw. Donator (vom lat. donare „schenken“) von Methylgruppen bezeichnet. Zusätzlich hat Betain einen stark entzündungshemmenden Effekt, indem es einerseits pro-inflammatorische Transkriptionsfaktoren blockiert und andererseits den Hexenkessel der Zelle – das Inflammasom – zum Erlöschen bringt. Gut, das wär’s vorerst mal mit der Theorie – nun kommt die Praxis:

„Spinat macht stark.“ Diesen Satz werden wahrscheinlich viele von uns in ihrer Kindheit gehört haben. Aber ist an dieser Aussage etwas dran? Dieser These ist auf die seinerzeit aufkommende Ansicht zurückzuführen, Spinat wäre aufgrund seines hohen Eisengehalts ein ideales Stärkungsmittel. Dieser Eisenmythos erwies sich leider nur als halb wahr, da sich lediglich im getrockneten Spinat eine große Menge Eisen befindet. Im frischen Spinat hingegen ist der Anteil aufgrund des hohen Wassergehalts um ein Zehntel kleiner.
Trotz dieses Missverständnisses wurden über die Zeit weitere kräftigende Inhaltsstoffe entdeckt. Aktuellen Studien zufolge sind im Spinat vorhandene Nitrate und Steroide für ein erhöhtes Muskelwachstum verantwortlich. Zusätzlich dazu bildet Spinat mit ungefähr 550 mg pro 100 g die größte natürliche Quelle für den multifunktionellen Nährstoff Betain. Das entspricht immerhin 0,55 % der Gesamtmenge. Wahrscheinlich macht uns also weniger das Eisen als das Betain im Spinat stark.

Homocystein und Betain (Trimethylglycin)
Homocystein ist ein physiologisches Zwischenprodukt, welches im normalen Stoffwechsel durch Demethylierung (Abgabe der Mütze) aus der essenziellen Aminosäure Methionin entsteht. Ein erhöhter Gehalt von Homocystein im Blutplasma gilt jedoch als unabhängiger Risikofaktor für Diabetes mellitus, Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, da es durch Schädigung der Gefäßwände zu einer ausgeprägteren Entwicklung von Arteriosklerose führt.
Genauso wie Homocystein in der Zelle aus Methionin gebildet wird, kann es durch das Aufsetzen der Methyl-Mütze wieder zurück zu Methionin umgewandelt werden. Auf diesem Weg schafft es Betain durch Spenden einer Methylgruppe den gefährlich erhöhten Homocystein-Spiegel im menschlichen Körper zu senken. Somit wirkt das Molekül schützend gegenüber arteriosklerotischen Krankheiten wie Schlaganfällen oder Herzinfarkten.
In Kombination mit seinen entzündungshemmenden Effekten auf zellulärer Ebene konnte Betain, neben positiven metabolischen Ergebnissen für PatientInnen mit Diabetes mellitus II oder Lebererkrankungen, auch eine Verminderung des Entartungs- und Demenzrisikos aufzeigen.
NAD+ und TMG – besser zusammen?
In einem weiteren klinischen Beispiel spielen NAD+-Vorläufermoleküle eine wichtige Rolle. Diese steigern im menschlichen Körper den NAD+-Spiegel und aktivieren die Produktion von Nicotinamid. Und nun kommt der Haken: Nicotinamid benötigt einen Methylierungsschritt damit es mit dem Urin ausgeschieden werden kann. Der Anstieg des Nicotinamid-Spiegels führt demnach zu vermehrten Methylierungsprozessen und erschöpft dabei die Mützen-Ressourcen. Eine Nahrungsergänzung von TMG könnte bei gleichzeitigem NAD-Boosting eben dieser Überlastung des Methylsystems entgegenwirken.
Leistungsfördernde Wirkung von Betain – Was ist ein Osmolyt?
Unter einem Osmolyt versteht man eine Substanz, die dabei hilft, den Flüssigkeitsspiegel innerhalb und außerhalb der Zellen im Gleichgewicht zu halten. Kippt das Flüssigkeitsverhältnis, so entsteht ein Ungleichgewicht, welches im schlimmsten Fall sogar zum Absterben von Zellen führen kann. Das geschieht sowohl durch ein starkes Schrumpfen – ähnlich wie ein Ballon, dem Luft entweicht – als auch durch ungebremstes Anschwellen der Zelle – wenn zu viel Luft den Ballon zum Platzen bringt.
Betain, wenn es nicht in den Methylierungsstoffwechsel miteinbezogen wird, wird vom Gewebe aufgenommen und wirkt dort als organischer Osmolyt bei der Regulierung des Zellvolumens. TMG schützt die Zelle indem es hilft den Wasser- und Energiehaushalt, sowie die Stoffwechselfunktion aufrechtzuerhalten und zu stabilisieren. In der Skelettmuskulatur trägt es zum Anschwellen der Muskelfasern bei, stimuliert folglich die Proteinsynthese und verbessert dessen Stabilität.
Zusätzlich fördert Trimethylglycin (Betain) die Biosynthese und Verfügbarkeit von Creatin, einer weiteren muskelaufbauenden Substanz, die unter Sportlern recht beliebt ist. Creatin fungiert einerseits als Energiespeichermolekül und unterstützt die Kraftkapazität der Zelle. Andererseits erfolgt wiederum die Anregung des Proteinaufbaus und die Bildung neuer Muskelzellen. Es wird vermutet, dass Betain durch die Kombination dieser anabolen, also aufbauenden, Prozesse das Muskelwachstum fördert.
Und was sagen aktuelle Studien dazu? Ergebnisse einer rezenten wissenschaftlichen Analyse deuten darauf hin, dass Betain als Nahrungsergänzung einen wirksamen Ansatzpunkt zur Reduktion des Körperfetts darstellt. Ebenso zeigte eine qualitativ hochwertige Studie, dass eine regelmäßige Nahrungsergänzung von Betain den Körperbau, Armumfang und die Trainingskapazität im Bankdrücken verbesserte und tendenziell sogar die Kraft steigert. Insgesamt untermauern viele Studien sowohl die gesundheitsfördernden als auch die leistungsfördernden Effekte von Betain und somit seine Verwendung als Nahrungsergänzungsmittel.
Betain Supplementierung zeigte in mehreren Studien leistungs- und kraftfördernden Effekte. In einer davon wurden junge Fußballspieler in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe bekam täglich 2 Gramm Betain (TMG) und die andere Gruppe ein Placebo Mittel. Während der 14 Wochen wurden mehrere Parameter gemessen. Es zeigten sich statistisch signifikante Unterschiede unter anderem in der maximalen Aufnahmekapazität von Sauerstoff (VO2max).
VO2max ist ein wichtiger Parameter, um die Fitness eines Menschen einzuschätzen. Dr. Peter Attia beschreibt VO2max als einen der wichtigsten Marker für Langlebigkeit. Er wird hauptsächlich durch intensives Training verbessert. In dieser Studie konnte jedoch gezeigt werden, dass eine Supplementierung von Betain (TMG) in Zusammenspiel mit einem anspruchsvollen Trainingsprogramm die VO2max noch zusätzlich steigern kann.
Betain und die Blutfettwerte – erhöht die Supplementierung mit Betain mein Cholesterin?
In einer großen Metaanalyse wurde festgestellt, dass bei hoher Betain Supplementierung (mehr als 4 Gramm pro Tag über einen mehrwöchigen Zeitraum) sich die Blutfettwerte erhöhen können.
Dies hört sich auf den ersten Blick nicht gut an, doch um die Aussage der Studie genauer zu verstehen, muss man sich die Daten etwas genauer angucken. Zum einen erhöhten sich von allen Werten nur die Triglyceride um ca. 30 mg/dl. LDL, HDL und das Gesamtcholesterin veränderten sich nicht statistisch signifikant. Zum anderen war die Dosierung von Betain extrem hoch gewählt.
Wenn du Betain supplementierst, solltest du eine Tagesdosis zwischen 2-4 Gramm nicht überschreiten. Wir empfehlen eine tägliche Dosis von 1-3 Gramm. In diesen Studien haben die Teilnehmer alle mehr als 4 Gramm pro Tag eingenommen. Das ist in etwa die Menge an Betain, die in einem Kilogramm rohen Spinat enthalten ist.
In übermäßig hohen Mengen kann Betain also Auswirkung auf deine Blutfettwerte haben. Wenn du mehr über deine Blutfettwerte erfahren willst, kannst du dich hier informieren.
Die Bioverfügbarkeit von Betain, also wie gut unser Körper den Stoff aufnehmen kann, hängt unter anderem von der Zubereitungsform ab. Rote Beete und Spinat enthalten beide recht große Mengen an Betain. Spinat in etwa 550mg pro 100 Gramm. Dies trifft aber nur auf den rohen Spinat zu. Wird er gekocht, ist nur noch ein Bruchteil des Betains für unseren Körper verfügbar.
Betain HCL – ähnlicher Name, andere Wirkung
Die Abkürzung Betain HCL steht für Betain Hydrochlorid und ist das Salz von Betain. Man kann es leicht mit dem wasserfreien Betain (anhydrous) bzw. TMG verwechseln. Dabei hat Betain HCL ganz andere Eigenschaften.
Wasserfreies Betain (TMG) ist, wie wir oben bereits beschrieben haben, ein Methylgruppendonator und sorgt für eine Senkung der Homocystein-Level in unserem Blut. Außerdem kann es unsere sportlichen Leistungen verbessern.
Betain-HCL ist ein Protonondonator. Protonen sind positiv geladene Wasserstoffmoleküle. In wässriger Umgebung gibt Betain-HCL nun diese positiv geladenen Protonen ab, wodurch der pH-Wert sinkt. Aus diesem Grund kann man Betain-HCL bei einem Magensäuremangel geben. Dies sollte immer in Absprache mit Ärzt*innen geschehen, da ein veränderter pH-Wert im Magen die Aufnahme von Medikamenten beeinflussen kann. Außerdem können bei Überdosierung von Betain-HCL folgende Nebenwirkungen auftreten:
- Brennendes Gefühl im Körper
- Durchfälle
- Nackenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen
- Hitzegefühl
Um es also nochmal kurz zusammenzufassen. Wasserfreies Betain (TMG) kann als Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ II und gewissen Lebererkrankungen genommen werden. Ebenso eignet sich Betain TMG als Nahrungsergänzungsmittel für Sportler.
Betain-HCL kann bei einem Mangel an Magensäure eingenommen werden. Hier ist jedoch größere Vorsicht mit der Dosierung geboten.
Literatur
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