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Kaffee – Sünde oder Glück?

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Der obligatorische Kaffee am Morgen – viele kennen ihn. Viele lieben ihn. Viele brauchen ihn.

Die aufmunternde Wirkung steht dabei häufig im Vordergrund und auch gesellschaftlich hat Kaffee eine enorm große Bedeutung. Man verabredet sich zum Kaffee trinken und zum Kuchen wird Kaffee angeboten. Während es bei Oma wohl meistens Filterkaffee mit Zucker und Kaffeesahne gibt, fahren hippe Cafés ein breites Angebot auf: von Espresso Macchiato über Ristretto und Flat White bis hin zu Handfilter und Cold Brew. All diese Kaffeearten unterscheiden verschiedene Zubereitungsarten, unterschiedliche Röstarten und variierende Trinktemperaturen. Dem Kaffee sind keine Grenzen gesetzt. Aber ist Kaffeekonsum wirklich gesund, welche Zubereitungsart ist die Beste und was macht Kaffee eigentlich in unserem Körper?

Was ist drin, im schwarzen Gold?

Kaffee wächst als Baum oder Strauch und trägt die sogenannte Kaffeekirsche als Frucht. Erst durch verschiedene Röstverfahren wird aus dem zuvor grünen Kern der roten Frucht die bekannte dunkle Kaffeebohne. Es gibt viele verschiedene Arten der Kaffeepflanze, die bekanntesten sind Arabica und Robusta. Diese unterscheiden sich zwar durch einzelne Inhaltsstoffe, doch den Großteil der Inhaltsvielfalt haben alle Kaffeearten gemein. Insgesamt befinden sich über tausend Inhaltsstoffe im Kaffee, von welchen wir uns die wichtigsten etwas genauer anschauen:

Koffein

Koffein ist der bekannteste und wohl auch wichtigste Bestandteil von Kaffee. Das Molekül gilt als psychoaktive Substanz mit stimulierender Wirkung. Es wirkt in unserem Nervensystem, indem es Adenosinrezeptoren hemmt, wodurch unser Körper weniger schnell müde wird (mehr dazu bei Kaffee als Wachmacher). Außerdem regt Koffein die Ausschüttung von Dopamin und Cortisol an.

Kohlenhydrate

Die Kaffeebohne besteht zu 30% aus Kohlenhydraten, welche durch die Röstung aber größtenteils aufgebrochen werden. Bei der Kaffeezubereitung verbleiben die Kohlenhydrate im Kaffeesatz und finden den Weg nicht in die Tasse.

Fette

Ist dir die Crema auf einem guten Espresso besonders wichtig? Dann solltest du beim Thema Lipide besonders aufpassen. Diese bilden nämlich primär das sämige Häubchen. Den größten Anteil machen Linol- und Palmitinsäure aus. Linolsäure gehört zu den Omega-6-Fettsäuren und ist eine essenzielle Fettsäure – wir müssen sie also über die Nahrung zu uns nehmen. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Haut und trägt zur Barrierefunktion der obersten Hautschicht (Epidermis) bei. Mehr zum Thema Barrieren findest du in diesem Artikel. Die zweite wichtige Säure – Palmitinsäure – macht einen großen Teil des menschlichen Fetts aus. Außerdem sind die Lipide Cafestol und Kahweol im Kaffee zu finden. Sie hemmen den Abbau von Cholesterin und tragen so zu einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen bei.

Säuren

Dir ist sicher schonmal aufgefallen, dass Kaffee unter Umständen auch eine sehr saure Note haben kann. Dies liegt an den vielen verschiedenen Säuren, die im Kaffee enthalten sind. Gebrühter Kaffee hat einen pH-Wert von 4-6, womit er im leicht sauren Bereich liegt. Die häufigsten Säuren im Kaffee sind Chlorogensäure und Kaffeesäure. Die zwei sind chemisch nahverwandt und haben ähnliche Eigenschaften. Während Chlorogensäure allerdings Magenverstimmungen hervorrufen soll, wirkt Kaffeesäure scheinbar als Schutz vor Magenkarzinomen.

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Kaffee trinken ist häufig ein gemeinsamer Akt. Bild: Canva

Kaffee als Wachmacher

Wie du bereits bei der Übersicht zu Koffein gelesen hast, besetzt das Molekül die Adensoinrezeptoren und die Müdigkeit erhält einen Aufschub. Was ist der molekulare Hintergrund davon? Wenn unser Körper über den Tag hinweg für verschiedene Prozesse Energie verbraucht, wird dabei Adenosin als Nebenprodukt frei. Dieses bindet an die Adenosinrezeptoren und vermittelt dem Körper so ein Müdigkeitsgefühl. Koffein ist ein Antagonist bzw. Gegenspieler dieser Rezeptoren. Das heißt, es hat eine strukturelle Ähnlichkeit zu Adenosin und kann deshalb ebenfalls an dessen Rezeptoren binden, aktiviert sie aber nicht. Dadurch werden die Rezeptoren sozusagen blockiert und der natürliche Adenosin-vermittelte Müdigkeitseffekt bleibt aus.

Außerdem verstärkt Koffein die Dopaminsignale und regt die Ausschüttung von Cortisol an. Dopamin ist ein Neurotransmitter mit vielen verschiedenen Funktionen in unserem Gehirn. Vielleicht hast du von Dopamin schon einmal als „Glückshormon“ gehört, denn der Stoff hat wichtige Funktionen im mesolimbischen System – auch Belohnungssystem genannt.

„Vor meinem ersten Kaffee bin ich nicht ansprechbar.“ – ein Satz, der manchen vielleicht bekannt vorkommt. Durch die muntermachende Wirkung des Kaffees erhoffen sich viele einen Energieschub, um in den Tag zu starten. Doch unser Körper hat sich evolutionär gesehen nicht nach dem Kaffeekonsum gerichtet, sondern einen eigenen Muntermacher installiert – das Cortisol. Cortisol ist auch als Stresshormon bekannt und natürlicherweise steigt dessen Spiegel in unserem Körper ca. 30 Minuten nach dem Aufwachen an und aktiviert viele wichtige Prozesse. Wer also direkt nach dem Aufstehen schon ein koffeinhaltiges Getränk zu sich nimmt, kommt dem natürlichen Cortisolanstieg zuvor, denn Koffein aktiviert ebenfalls die Cortisol-Ausschüttung. Also steigert man Cortisol mit einem zusätzlichen Kaffee noch? Nein, nicht ganz. Durch die vermehrte Cortisolausschüttung gewöhnt sich der Körper in gewisser Weise daran und auf Dauer braucht man morgens eher mehr Kaffee.

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shutterstock.com/Alyona Mandrik

Kann Kaffee süchtig machen?

Man kennt es: der Versuch, ohne Kaffee auszukommen ist schwer. Gerade die Schlappheit morgens oder nachmittags und der manchmal auftretende Kopfschmerz scheint in den ersten Tagen eines kalten Entzugs vom Heißgetränk unerträglich. Obwohl Kaffee in einigen Ländern als Suchtmittel gilt, sind sich Wissenschaftler*innen noch immer uneinig über die konkrete Suchtwirkung. Wegen der zahlreichen Inhaltsstoffe und deren vielfältigen Effekten lässt sich das physiologische Suchtpotential von Kaffee schwer untersuchen. Hinzu kommt, dass Studien zu Nahrungsmitteln im Gegensatz zu Medikamenten nur schwer verblindet werden können. Bei Medikamentenstudien bekommt eine Gruppe den Wirkstoff und eine andere Gruppe das Placebo als Tablette. Für Kaffee ist das nur schwer umsetzbar, da die Studienteilnehmer*innen Kaffee kennen und es dafür kein Placebo Produkt gibt. Wenn vom Suchtpotential von Kaffee die Rede ist, wird dies oft mit Koffein gleichgesetzt. Dafür lassen sich wiederum verblindete Studien mit Koffeintabletten durchführen.

In einer Studie zum koffeinbedingten Cortisolspiegel haben Wissenschaftler*innen festgestellt, dass sich durch regelmäßigen Koffeinkonsum die Cortisolreaktion zwar reduziert, diese aber nicht vollständig verebbt. Der Körper baut bei regelmäßiger Koffeinaufnahme also eine Toleranz auf, diese ist aber nicht vollständig. Wir gewöhnen uns also an Kaffee und es dauert eine Zeit, bis sich der körpereigene Cortisolspiegel wieder normalisiert, von einer klassischen Sucht unterscheidet es sich aus medizinischer Sicht aber trotzdem.

Gesundheitliche Wirkung

Weißt du, ob kaffeetrinkende Menschen länger oder kürzer leben und welche gesundheitlichen Auswirkungen das Getränk hat?

Tatsächlich sagen ältere Studien, dass Menschen, die regelmäßig Kaffee trinken, kürzer leben. Bei solchen Behauptungen sollte man sich jedoch immer die gesamten Daten anschauen. Eine genauere Betrachtung zeigt, dass Kaffeekonsument*innen häufig auch rauchen und unter anderem deshalb die kürzere Lebensdauer nicht ausschließlich auf den Kaffee zurückgeführt werden kann.

Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2019 untersuchte Kaffeekonsum und Sterblichkeit dann etwas tiefgreifender. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass das niedrigste Risiko für die Gesamtsterblichkeit über alle Todesursachen hinweg bei 3,5 Tassen Kaffee pro Tag liegt. Für einen Herz-Kreislauf-bedingten Tod lag das geringste Risiko bei 2,5 Tassen am Tag. Bei einem Konsum von 2 Tassen Kaffee pro Tag war das Sterblichkeitsrisiko durch eine Krebserkrankung am niedrigsten. Auch bei noch höherem Kaffeekonsum erhöhte sich das Sterblichkeitsrisiko nicht. Die Studie bezog auch Alter, Übergewicht, Rauchverhalten und Koffeingehalt mit ein. Der positive Effekt von Kaffee kann nicht rein auf Koffein zurückzuführen sein, da auch entkoffeinierter Kaffee positive Auswirkungen zeigte.

Wie du wahrscheinlich weißt, erhöht Kaffee den Puls und den Blutdruck. Dies ist jedoch ein Effekt, der lediglich während der Wirkdauer des Koffeins beobachtet werden kann. Dennoch solltest du Vorsicht walten lassen, wenn du Bluthochdruck hast. Wenn du generell eher selten koffeinhaltige Getränke konsumierst, wirkt sich Kaffee umso schneller auf deinen Blutdruck aus. Und wie immer gilt „die Dosis macht das Gift“ – in Maßen getrunken hat Kaffee keinen schädlichen Einfluss auf den Blutdruck. Man sollte es jedoch nicht übertreiben.

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Kaffeebohnen in verschiedenen Röststufen. Bild: shutterstock.com/Ekaterina Simonova

Kaffee ist nicht gleich Kaffee

Kaffee ist ein so vielfältiges Getränk, dass auch die physiologischen und gesundheitlichen Wirkungen nicht so einfach verallgemeinert werden können. Da viele Stoffe erst durch die Röstung freigesetzt werden, ist dies ein wichtiger Schritt, der großen Einfluss auf Geschmack und Wirkung haben kann. Zudem werden die Zubereitungsarten immer vielfältiger. Dauer, Temperatur und Druck des Brühvorgangs wirken sich unterschiedlich auf die Lösung der Stoffe aus den gemahlenen Bohnen aus. Generell gilt aber, dass die Löslichkeit der meisten Stoffe im Kaffee im höheren Bereich liegt. Je höher die Temperatur, desto eher werden aber auch die schädlichen Fette aus dem Kaffee gelöst. Filterkaffee hat hier eine Sonderstellung, sofern Papierfilter und keine müllreduzierenden Metallfilter verwendet werden. Das feine Filterpapier hält die Lipide zurück und so entsteht der gesündere und meist weniger saure Kaffee.

Während bei uns der Kaffeekultur eine große Bedeutung beigemessen wird, haben einige Länder dieser Welt jahrhundertealte Teetraditionen. Auch diesem Heißgetränk werden dabei herausragende gesundheitliche Kräfte zugeschrieben. Aber was ist eigentlich gesünder und welche Teesorten sind besonders empfehlenswert? Diesem Thema widmen wir uns beim nächsten Mal. Mal sehen, ob der alternative Muntermacher „grüner Tee“ auch so viel kann.

Literatur:

Kim, Y., Je, Y. & Giovannucci, E. Coffee consumption and all-cause and cause-specific mortality: a meta-analysis by potential modifiers. Eur. J. Epidemiol. 34, 731–752 (2019).

Coffein – Lexikon der Neurowissenschaft. Available at: https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/coffein/2301. (Accessed: 12th February 2022)

Fredholm, B. B. Astra Award Lecture. Adenosine, adenosine receptors and the actions of caffeine. Pharmacol. Toxicol. 76, 93–101 (1995).

Lovallo, W. R. et al. Caffeine Stimulation of Cortisol Secretion Across the Waking Hours in Relation to Caffeine Intake Levels.

Volkow, N. D. et al. Caffeine increases striatal dopamine D2/D3 receptor availability in the human brain. Transl. Psychiatry 5, e549 (2015).

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Grafiken:

Die Grafiken wurden unter der Lizenz von Shutterstock und Canva erworben und dementsprechend gekennzeichnet.

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Über Priska Wörl

Priska studierte zunächst Biologie und molekulare Biologie, bevor sie den Master molekulare Medizin begann. Seit sie 13 ist beschäftigt sie sich mit geschriebenen Texten - zunächst als Zeitungsträgerin. Mittlerweile schreibt Priska selbst für unterschiedliche Magazine und beschäftigt sich in ihren Texten neben der Wissenschaft auch mit psychologischen, kulturellen und gesellschaftlichen Themen.

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