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Zeitinkonsistentes Gesundheitsverhalten und Longevity

In der Rubrik ‚News‘ finden Sie monatsaktuell aufbereitet rezente wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Anti-Aging-Bereich. Bleiben sie mit MoleQlar am Puls der Zeit. Der Monat März wartet mit einer interessanten Studie aus dem Bereich der Gesundheitsökonomie auf. Was machen Pläne, die nicht eingehalten werden mit der Langlebigkeit?

Zeitinkonsistentes Gesundheitsverhalten und dessen Auswirkungen auf Alterung und Langlebigkeit

Menschen beschäftigen sich gerne mit ihrer Zukunft, speziell wenn es um ihre eigene Gesundheit geht. Angetrieben von dem Wunsch nach einem langen Leben machen sie Pläne, um Investitionen in die Gesundheit zu steigern und ungesundes Verhalten einzuschränken. Wir stellen also Überlegungen an und setzen uns Ziele, um möglichst lange gesund zu bleiben. Je nachdem wie ausgeprägt das eigene Gesundheitsbewusstsein ist, fallen die Vorsätze mehr oder weniger ambitioniert aus. Vorsätze bringen letzten Endes aber nur etwas, wenn man die Motivation auch mit tatsächlichen Handlungen in die Tat umsetzt. Das Problem hierbei ist häufig die Diskrepanz zwischen kurzfristigen Kosten und langfristigem Nutzen. Die Belohnung liegt schlichtweg zu weit in der Zukunft. Kosten ist dabei kein Begriff rein finanzieller Natur, sondern kann auch (Zeit-)aufwand meinen.

Es ist so, dass Einzelpersonen „das Altern verlangsamen und den Tod durch Gesundheitsinvestitionen und durch Reduzierung des ungesunden Konsums […] aufschieben können“, schreiben Holger Strulik und Katharina Werner von der Universität Göttingen in einer kürzlich erschienenen Studie. Die AutorInnen griffen darin die oben angesprochene menschliche Tendenz zur Inkonsistenz auf und untersuchten deren Auswirkungen auf endogenes Altern und Langlebigkeit. Sie konnten zeigen, dass einzelne Personen ihre ursprünglichen Pläne, mehr in die Gesundheit zu investieren oder beispielsweise mit dem Rauchen aufzuhören, ständig überarbeiten. Dabei geht es speziell auch um mangelndes Durchhaltevermögen. In der Folge summieren sich Gesundheitsdefizite schneller und die Menschen sterben früher als sie eigentlich geplant hatten.

Das Modell

Auf Basis diverser Annahmen haben Strulik und Werner ein Modell zur Einschätzung der Auswirkungen dieses zeitinkonsistenten Gesundheitsverhaltens kalibriert. Die Berechnung erfolgte basierend auf US-Daten für eine durchschnittliche 20-jährige amerikanische Person im Jahr 2010. Beim Modell handelt es sich nicht um eine Glaskugel, sondern um ein gerontologisch fundiertes Lebenszyklusmodell, welches auf wissenschaftlichen Annahmen beruht. Die ForscherInnen verglichen dann die potenzielle Lebensdauer von Personen, die sich an die Gesundheitspläne hielten, mit der tatsächlich realisierten Lebensdauer nach Planänderungen. Das ermöglichte eine quantitative Bewertung der Kosten von Planabweichungen im Hinblick auf die Langlebigkeit.

Ergebnisse

Der Ansatz ergab rechnerisch einen Verlust von etwa fünf Lebensjahren zwischen bestmöglicher und tatsächlicher Lebenserwartung. Etwas anschaulicher: Hätte sich die 20-jährige US-amerikanische Person an die ursprünglichen Gesundheitspläne gehalten, dann wäre sie dem Modell zufolge um fünf Jahre älter geworden. Strulik und Werner zeigten zudem, dass das errechnete Ergebnis relativ unabhängig vom Einkommen ist.

Es ist jedoch möglich, die ursprünglich gewünschte Langlebigkeit mit allgemeiner Preispolitik zu erreichen. Menschen dazu zu bewegen, sich so zu verhalten, dass sie die ursprünglich gewünschten Gesundheitsziele erreichen, erfordert eine hohe Subventionierung der Gesundheitsversorgung und einen starken Anstieg des Preises für ungesunde Güter (z.B.: Zigaretten). Als Resultat werden die ursprünglichen Lebenszeitziele mit einem Lebenszeitverhalten erreicht, das stark vom ursprünglich geplanten Verhalten abweicht. Wollte die Person an und für sich eigenständig auf schädliche Güter verzichten und vermehrt gesunde Produkte kaufen, so werden diese Rahmenbedingungen nun von außen vorgegeben und so praktisch „keine Wahl gelassen“. Preispolitik kann also den Einzelnen oder die Einzelne dazu bringen, sich gesünder zu verhalten, um tatsächlich die maximale Langlebigkeit zu erreichen – unabhängig von der mentalen Kondition.

Die Studie erschien im März 2021 im Journal of Health Economics.

Quelle:
Strulik, H., & Werner, K. (2021). Time-inconsistent health behavior and its impact on aging and longevity. Journal of Health Economics, 76, 102440. Link

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